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Harold Dielmann
Krefelderstr. 24
50667 Köln
Deutschland
+49(0)221 73 10 89
info[AT]koeln-nls.de
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Jacques-Alain Miller, Auszüge aus seiner « «Einführung zum Thema des Kongresses der NLS 2012 » in Tel Aviv. Dieser Vortrag wurde auf dem Kongress der NLS in London am 3. April 2011 gehalten.
Ich soll Ihnen den Titel des nächsten Kongresses der NLS mitteilen und ihn gleichzeitig rechtfertigen. Ich soll Ihnen zur gleichen Zeit einige Überlegungen vorlegen, die zur Ausrichtung der Arbeiten zur Vorbereitung dieses Kongresses nützlich sein könnten. Ich habe diesen Titel nach zwei Hinweisen gewählt, die Anne Lysy, die Direktorin der NLS, mir gegeben hat.
Zum einen hat der Rat der NLS gewünscht, dass der kommende Kongress das Symptom behandle, zum anderen soll der Kongress in Tel Aviv stattfinden. Die Frage lautete also : welchen Akzent, welchen Impuls, welche Richtung dem Symptom geben ?
Ich habe dies im Zusammenhang mit der Vorlesung abgewogen, die ich wöchentlich in Paris halte. Ich setze mich mit Lacan und der psychoanalytischen Praxis von heute auseinander. Diese Praxis ist nicht mehr ganz, vielleicht überhaupt nicht mehr die Praxis Freuds.
Und zum Zweiten habe ich mir überlegt, wie ich dem Thema Symptom in Verbindung mit dem Ort des Kongresses, d.h. Israel, Rechnung tragen kann. Nachdem ich all dies ausgewogen habe, habe ich den folgenden Titel gewählt : ein Symptom lesen, to read a symptom. Alle die, die Lacan lesen, haben zweifellos einen seiner Sätze aus der « Radiophonie » erkannt, den Sie in dem Band « Autres écrits », S. 428, finden können. Er betont an dieser Stelle, dass der Jude der ist, der zu lesen weiss. Es geht darum, dieses Lesen-Wissen* in Israel zu befragen, das Lesen-Wissen* in der Praxis der Psychoanalyse
(…)
Die Psychoanalyse ist nicht nur eine Sache des Hörens, listening, sondern auch eine Sache des Lesens, reading. Im Feld der Sprache nimmt die Psychoanalyse ohne Zweifel ihren Anlauf in der Funktion der Sprache, aber sie bezieht sich auf die Schrift. Ein Abstand besteht zwischen Sprechen und Schreiben, speaking and reading. Die Psychoanalyse wirkt in diesem Dazwischen, sie wertet diesen Unterschied aus.
(…)
Mir geht es darum, die Grenzen der Ontologie, der Lehre des Seins zu zeichnen (…) Meine These ist, dass die Ebene des Seins ein Jenseits des Seins aufruft, ein Jenseits des Seins nötig macht .
(…) Die Sprache ist diese Funktion, die das s e i n lässt, das nicht existiert. (…) Das Reale wäre -wenn wir so wollen - ein Sein, das aber nicht ein Sein der Sprache wäre, das von den Vieldeutigkeiten der Sprache unberührt bliebe, die dem Schein (semblant) , dem make believe gegenüber gleichgültig bliebe.
(…)
Bezogen auf das Symptom wird die folgende Frage brennend, wie wir die Korrelation, die Konjunktion zwischen dem Wahren und dem Realen denken können? In diesem Sinne ist das Symptom ein Januskopf, er hat zwei Gesichter, ein Gesicht der Wahrheit und ein Gesicht des Realen.
Freud hat entdeckt, und das war zu seiner Zeit eine Sensation, dass ein Symptom wie ein Traum gedeutet wird, gedeutet wird in der Funktion des Désir, des Begehrens und dass das ein Wahrheitseffekt ist. Wie Sie wissen, gibt es einen zweiten Moment dieser Entdeckung, nämlich das Fortbestehen des Symptoms nach der Deutung, und Freud hat dies als Paradox erkannt (…)
Unsere Praxis geht über das hinaus, was Freud als Ende der Analyse betrachtete. (…) Wir durchlaufen natürlich auch die Zeit der Entzifferung der Wahrheit des Symptoms, aber wir kommen dann zu den symptomatischen Resten, und an dieser Stelle sagen wir nicht « halt ». Der Analytiker sagt nicht « halt » und der Analysand sagt auch nicht « halt ». In diesem Zeitraum besteht die Analyse in der unmittelbaren Gegenüberstellung des Subjektes mit dem, was Freud die symptomatischen Reste nannte, und diesen Resten verleihen wir einen ganz anderen Status. Mit dem Begriff der symptomatischen Reste ist Freud auf das Reale des Symptoms gestossen, auf das, das im Symptom
ausserhalb des Sinnes, der Bedeutung ist.
(…)
Schon in « Hemmung, Symptom und Angst », im zweiten Kapitel, definierte Freud das Symptom als Triebbefriedigung, « als Anzeichen und Ersatz einer Triebbefriedigung, die nicht stattgefunden hat ». (…)
In Hinsicht auf den kommenden Kongress sind natürlich die beiden ersten Kapitel und das ganze Buch zu lesen. (…)
Was den Körper des sprechenden Seins angeht, ist es bezeichnend, dass sein Geniessen die Einwirkung des Wortes erleidet.
Und ein Symptom zeugt eben davon, dass ein Ereignis stattgefunden hat, das sein Geniessen im Freudschen Sinne eines Anzeichens markiert worden ist, das einen Ersatz eingeleitet hat, ein Geniessen, das nicht da sein sollte, ein Geniessen, das das Geniessen, das da sein sollte, stört, d.h. das Geniessen des Körpers. Es wird durch den Signifikanten produziert. Und es ist eben diese Beeinflussung durch den Signifikanten, die aus dem Geniessen des Symptoms ein Ereignis, nicht nur ein Phänomen macht. (…) Dieses Geniessen ist nicht primär, aber es ist das erste bezogen auf den Sinn, den das Subjekt ihm gibt, und den es ihm durch sein Symptom als Deutung gibt.
(…)
Was man hört, ist in der Tat immer der Sinn, und der Sinn ruft nach dem Sinn. Jede Psychotherapie spielt sich auf dieser Ebene ab. Das läuft immer auf das gleiche hinaus : der Patient muss zuhören, dem Therapeuten zuhören. Es geht aber darum zu erforschen, was die Psychoanalyse ist, und was sie auf dem Gebiet des Lesens leisten kann, dann wenn man von der Semantik Abstand nimmt – hier erwähne ich die kostbaren Hinweise auf dieses Lesen in Lacans Schrift « L’Etourdit », veröffentlicht in den « Autres écrits », Seite 49ff. Er behandelt dort die drei Punkte der Homophonie, der Grammatik und der Logik. Das Lesen, das Lesen-Wissen* besteht darin, das Wort und den Sinn, den es befördert, in Distanz zu bringen, und dies ausgehend von der Schrift als « ausserhalb-des-Sinnes » (hors sens), als Anzeichen, als Buchstabe, ausgehend von seiner Materialität. Während (…) die Deutung, die nur auf der Ebene des Wortes bleibt, den Sinn aufbauscht, zielt die Disziplin des Lesens auf die Materialität der Schrift hin, das heisst auf den Buchstaben, insofern als er das Ereignis des Geniessens produziert, das die Bildung der Symptome bestimmt. Das Lesen-Wissen* zielt auf diesen ursprünglichen Schock hin, der wie ein Clinamen des Geniessens ist – Clinamen ist ein Begriff der Philosophie der Stoiker.
Da Freud vom Sinn ausging, war dies für ihn wie ein Rest, aber tatsächlich ist dieser Rest das, was am Ursrprung selbst des Subjektes liegt, es ist sozusagen das Urereignis und gleichzeitig das bleibende Ereignis, das heisst das, was sich stetig wiederholt. (…) Die Sucht ist die Wurzel des Symptoms, das aus der unauslöschlichen Wiederholung desselben Eins gemacht ist. (…) In diesem Sinne konnte Lacan sagen, dass ein Symptom ein « et caetera » ist. Das heisst, die Wiederkehr desselben Ereignisses (…)
Die Deutung als Lesen-Wissen* zielt darauf hinaus, das Symptom auf seine Anfangsformel zu reduzieren, das heisst auf die materielle Begegnung eines Signifikanten und des Körpers, das heisst auf den puren Schock der Sprache auf den Körper. Um das Symptom zu behandeln, muss man freilich durch die bewegliche Dialektik des Begehrens gehen, man muss sich aber auch der Fata Morgana der Wahrheit entledigen, die diese Entzifferung mit sich bringt, und darüberhinaus die Fixierung des Geniessens, die Opazität des Realen anpeilen. Wenn ich dieses Reale zum Sprechen bringen wollte, würde ich ihm das zumuten, was der Gott Israels im brennenden Busch sagt, ehe er die Gebote ausspricht, die die Verkleidung seines Realen sind : « Ich bin das, was ich bin. »
Übersetzt von Susanne Hommel
*Ich habe savoir lire mit Lesen-Wissen übersetzt. Deutsch wäre es « lesen können », da Lacan aber den Begriff savoir wählt, lege ich Wert darauf, den Begriff Wissen beizubehalten. Wissen habe ich mit einem grossen W geschrieben, um le savoir zu respektieren.
LACAN-Tagung
NEW LACANIAN SCHOOL (NLS)
21. und 22. Juni 2008
Tagung der Gruppe Köln (NLS)
"Zeichen und Zwickmühlen der Liebe”
"Die ihr die Triebe
des Herzens kennt,
sagt, ist es Liebe,
was hier so brennt?"
oder
Mephisto: Wie steht es mit ihrem Herzen?
Margarethe: Was meint der Herr damit?
Es war einmal und es ist schon lange her, daß die Geachtetsten und Klügsten unter den Männern Griechenlands zusammenkamen, um anläßlich eines Symposiums, über die Liebe zu sprechen oder besser, über das, was man liebt.
Das, was man liebt ist das Objekt der Liebe, also das Liebesobjekt.
Die Liebe ist ein "komisches" Gefühl, sagt Lacan und daran ändert sich auch nichts, wenn man ihr wie heutzutage mit medizintechnischen Instrumenten, wie dem funktionellen Magnetresonanztomograf (fMRT) der Neurobiologie zu Leibe rückt.
Auch wenn heute beim Anschauen eines Liebesfilms bei manchen bloß der "Hormonspiegel" steigt, so geht doch den meisten Zuschauern "das Herz auf", wenn am Ende des Films endlich der Kuß kommt.
Ist der Kuß ein Zeichen der Liebe? Wie ist es überhaupt möglich Sexualität und Liebe zu verwechseln? Ist die Liebe nur die Verkleidung, der Sonntagsanzug der Sexualität?
Freud und Lacan behaupten, daß Liebe und Sexualität nicht identisch sind, daß das "Eine" mit dem Anderen nichts zu tun hat.
Dieser "Liebe oder was immer es ist", diesem Geheimnis, wollen wir versuchen auf unserer Tagung, die kein "Symposium" im klassischen Sinne ist, denn es werden vor allem auch Frauen zu Wort kommen, ein bißchen näher zu kommen.
Es wir darum gehen, der Formel Lacans, daß die Liebe eine Metapher, ein Signifikant ist, ein wenig Leben zu geben.
Harold Dielmann
Mozart, Hochzeit des Figaro, Arie des Cherubino
Goethe, Faust
Lacan, Sem. VIII, XI, XX
Freud, Abriß der Psychoanalyse
Universität Köln
Erziehungswissenschaftliche Fakultät
Raum 417
Gronewaldstr. 2
50931 Köln
Straßenbahn Linie 1 und 2
Haltestelle "Universitätsstraße"
Information:Harold Dielmann Tel.: +49 (0)221 – 731089 (nach 18:00 Uhr)
e-mail: h.dielmann@netcologne.de
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